Jungs bringen Erz zum Schmelzen

Angewandte experimentelle Archäologie: Justin und Thomas haben einen Brennofen gebaut. © Sabina Brosch

Thomas (14) ist Praktiker. Schule und Noten nicht so sein Ding, dafür flickt er geschwind das kleine Loch am Blasebalg, kühlt mit einem Handtuch das in den Ofen führende Rohr, schüttet mit den Händen Kohle in den oben offenen, kniehohen Lehmberg nach und erklärt nebenbei, was er überhaupt gerade so macht. „Das ist ein historischer Brennofen“, erklärt er und hofft, dass am Ende des Tages aus den kleinen erzhaltigen Steinen, die er an der Isar gesammelt hat, flüssiges Metall wird. Genauso gespannt ist Justin (14), mit dem er sich am Blasebalg abwechselt, „denn das Luftpumpen ist ganz schön anstrengend.“

Angewandte experimentelle Archäologie

Thomas und Justin sind Schüler der offenen Ganztagesklasse im Jugendwerk Birkeneck, das Projekt „historischer Brennofen“ ist ein Teil der Nachmittagsgestaltung. „Angewandte experimentelle Archäologie“, erklärt der Pädagoge Siegmar Urban. Irgendwann kamen er und die Schüler auf die Römer zu sprechen, „ich habe mal gegoogelt und bin bei youtube auf den Brennofen gestoßen. Den wollte ich nachbauen“, erzählt Thomas.
Insgesamt sieben große Eimer Lehm, vermischt mit Stroh und Holz haben die Schüler am Ufer des Badesees zu einem Brennofen zusammengebaut. Mit einem Magneten suchte er an der Isar nach erzhaltigen „so rot-schwarzen Steinen“.

Brennofen – Rennofen

„Eigentlich heißt der Brennofen ja Rennofen“, erklärt Thomas, das ist ein Schachtofen. Er besteht aus Lehm und Sand, und wird mit Holzkohle beheizt. Die für die Verbrennung nötige Luft wird durch Düsen auf der Unterseite mit Blasebälgen eindrückt. Durch das bei der Verbrennung entstehende Kohlenmonoxid wird das Eisenoxid vom Sauerstoff befreit. In den Ofen werden dann von oben abwechselnd Holzkohle und Erz aufgegeben. Das wirft Thomas immer wieder mit den bloßen Händen nach.
„Wir müssen ständig pumpen, damit es innen heiß bleibt, denn das Eisen entsteht bei 700 Grad“, weiß Thomas. Deshalb kniet und späht er immer wieder in die kleine, untere Öffnung, ob auch alles ok ist, „den hat absolut der Ehrgeiz gepackt“, weiß Urban. „Der Thomas arbeitet am liebsten mit den Händen, er ist ein Praktiker und wenn ihn etwas interessiert, dann bleibt er dran.“ Eine Eigenschaft, die er bei den Schulfächern Mathematik und Deutsch nicht so habe, „aber uns geht es ja auch darum, die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu fördern“, meint Urban.
Was sie mit dem Eisen, das dann tatsächlich nach gut 12 Stunden herausfloss und zu einem dicken Klumpen erstarrte, machen werden, wissen die Jungs nicht genau. „Vielleicht schmieden wir etwas daraus“, meint Thomas. Dafür „müssen wir aber erst noch die Schlacke abschlagen.“

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Umweltprojekt

Im Sommer haben die Schüler im Zuge eines Umweltprojekts zwölf Obstbäume gepflanzt, die sich sehr schnell als Sorgenkinder herausstellten. Erst wurden sie bis in eine Höhe von etwa 30 Zentimeter angenagt, die rettende Idee kam aus der Malerwerkstatt, und die Bäumchen wurden mit Malervlies umwickelt, bevor es in die Weihnachtsferien ging.
Aus der Schreinerei kam der Tipp, die Stämmchen mit Brandkalk zu behandeln, „große Sorgen machten wir uns, als nach einer Wärmeperiode die Bäume austrieben und dann eine lange Kälteperiode kam“, schildert Urban. Aber alle Bäume haben überlebt, nun haben die Schüler die Aufgabe des regelmäßigen Gießens. Erst kürzlich setzten sie Brennesselbrühe gegen Insektenschädlinge an und am Wochenende sorgen Baumpaten, Schüler, die nicht nach Hause fahren, für die Bäume. Die nächsten Projekte sind bereits in Planung: Der Bau eines Insektenhotels und einer Blühwiese. „Und vielleicht könnten wir auch zwei Bienenstöcke bei uns einziehen lassen.“

Sabina Brosch

Gesellschaft, Reportagen

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