Mit so vielen Besuchern hatte der Förderverein “Freunde der Emmauskirche” wirklich nicht gerechnet. Aber gehofft schon und man war vorbereitet: die Corona-App prangte an der Tür, die Listen zum Eintragen waren ebenso vorbereitet, die Geimpften schnell kontrolliert und die Kugelschreiber desinfiziert. Alles war perfekt organisiert, so dass die 55 Zuhörer gleich eintreten konnten. Pfarrer Steffen Schubert übernahm eigenhändig das Aussteuern des Headsetmikros für die Autorin.
Christina Wechsel, die heute in München lebt und dort als Heilpraktikerin arbeitet, war da. Beate Bodenschatz vom Förderverein begrüßte alle Gäste und freute sich über den Besuch der Autorin. Es war ihre erste Lesung nach Erscheinen ihres Buches und sie erinnerte sich gleich an die schönen Jahre ihrer Kindheit, die sie mit ihrer Familie
in Hallbergmoos verbrachte. Und ein besonders schönes Geschenk war es für sie, dass ihr Vater Albert Wechsel – er leitete in der Gemeinde lange Jahre die Geschicke
des Mövenpick Airport-Hotels – an diesem Abend da war. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, zusammen mit seiner Frau Christl von Bad Wörishofen anzureisen, um
der Tochter zuzuhören.
Hadern mit Mr. Schicksal
Christina Wechsel hatte vier Kapitel des Buches ausgesucht und begann die Lesung mit ‚Trauern um zu Heilen‘: Darin erzählt sie, wie sie die Trauer um ihre Mutter verarbeitet hat. Nach ihrem schweren Unfall in Australien haderte sie mit ‚Mr. Schicksal‘ – und fragte sich gleichzeitig „Was war der Sinn? Was hatte sich der Architekt da oben beim Unfall gedacht?“ Und dann die Erkenntnis: „Man muss annehmen und akzeptieren. Man kann die Vergangenheit nicht ändern, nichts verhindern. Aber man kann lernen, sie zu akzeptieren und loszulassen. “Und man kann auch vergeben, damit Neues entstehen kann.“
Das dritte Kapitel „Ein Prosit auf die Liebe“ zeichnet das Kennenlernen ihres Mannes Ecki auf dem Oktoberfest nach und den ersten Dirndlkauf nach dem Unfall. Zweimal musste eine Dirndl-Schneiderin ran, weil Christina Wechsel durch den langen Krankenhausaufenthalt und die vielen OP’s so abgemagert war und die Kleidung nicht mehr richtig saß. Dank der Münchner Schneiderin ‚Hildegunde‘ passte aber dann alles ganz wunderbar. Hildegunde war auch unter den Zuhörern in der Emmauskirche, was die Autorin mehr als freute.
Zum Schluss der Lesung ging es um die erste Beinprothese, die zunächst einige Glückshormone freisetzte, weil man „wieder auf zwei Beinen aufrecht stehen konnte“. Weitere Prothesen folgten, bis dann die ‚Richtige‘ gefunden wurde. Warum Christina Wechsel eine verkleidete Beinprothese ablehnt und sie eher ein Titanbein bevorzugt, erklärt sie auch damit, dass sie zeigen möchte, dass sie eine Behinderung hat und sich nicht versteckt. Christina liebt mittlerweile ihr ‚kleines Schwarzes‘, ihr Titanbein, und sie weiß, „man
braucht Mut, sich selbst anzunehmen und zu lieben.“
Autogrammstunde und Gespräche
Nach der Lesung konnten und sollten auf Wunsch der Autorin Fragen gestellt werden, die sie beantworten wollte. Nach anfänglichem Zögern und Hemmungen, trauten sich dann
die Zuhörer doch und fragten nach. Zum Beispiel: Wie reagieren die Menschen auf Sie und Ihre Prothese? Haben Sie auch Phantomschmerzen? Woher nehmen sie die Kraft und den Mut, sich allem zu stellen? Nach der Blumenübergabe und der Signatur eines Bausteins, der in die Steinwand der Emmauskirche eingemauert wird, konnten alle Anwesenden sich noch eine Widmung in das eigene Buch schreiben lassen, das man an einem Tisch der Buchhandlung konnte.
Ein gelungener Abend für alle Anwesenden – da war man sich absolut einig! Und so legte man auch einiges in das Spendenkörbchen ein.