Heimat trägt man im Herzen, auch wenn es sie so, wie man sie kennt, nicht mehr gibt. Das wissen die Franzheimer nur zu gut. Der aus einem Weiler und seine Bewohner mussten in den 1970er-Jahren dem Flughafen weichen. Die Erinnerungen verblassen unterdessen nicht. Auch dank Hans Reiss, der die Erinnerungen wachhält, Dokumenten, Fotos und Fundstücke wie Schätze bewahrt.
Wie lebendig die Erinnerungen an das „verlorene Dorf“ noch ist, belegt das Franzheimer Treffen eindrucksvoll, das nach 2015 zum zweiten Mal stattfand. Gut und gerne 250 Menschen strömten in den Gemeindesaal von Hallbergmoos (Landkreis Freising). Ehemalige Bewohner, deren Kinder und Kindeskinder sind gekommen. Viele aus dem Schwaiger- und Notzingermoos, wohin viele Franzheimer umgesiedelt waren. Aber auch von weiter her, so wie Hedi O’Bailey (geborene Frey) aus den USA.
Ortschild lagerte 54 Jahre bei der letzten Wirtin von Franzheim
Nach Riedering bei Rosenheim hat es die Familie von Max Frey verschlagen. Er hatte eine Rarität mitgebracht: Das Ortsschild von Franzheim. Wie der 68-Jährige in dessen Besitz kam, beschreibt ganz gut das Heimatgefühl, das die Franzheimer heute noch trägt: „Wia ma auszog’n san, ham mei Bapp und i das Schuild am Ortsausgang in Richtung Schwaig obag’schraubt. Seitdem ist des bei uns drent’n in der Garage.“ Der Diebstahl dürfte nach 54 Jahren verjährt sein. „Ich hoff‘ der Oberdinger Bürgermoasta lasst mi koa Straf‘ zoin“, scherzt Frey. Nun kehrt das Schild in seine Heimat zurück. Warum erst jetzt? „Beim letzten Treffen war meine Mutter Annelies, die letzte Wirtin von Franzheim, noch dabei. Und die konnt‘ sich nicht davon trennen.“ Nach ihrem Tod soll es nun Hans Reiss, der Hüter der Schätze des Dorfes, in seine Obhut nehmen.

Schönes Erinnern
Weil viele alte Franzheimer „wegsterben“, hat Hans Reiss das Franzheimer Treffen zusammen mit Franz Pretzl, Peter Stangl, Anton Reiss und Christian Ziegltrum organisiert. Denn es soll kein trauriger Anlass sein, um sich zu sehen. Positiv sollen die Erinnerungen sein, die man an die nächsten Generationen weitergibt – in Bild und Ton, beim gemütlichen Ratsch vor den Fotowänden.

Kommunion, Schulklassen und Schützenfeste
Fotos von Schulklassen, wo der unlängst verstorbene Landrat Manfred Pointner barfuß mit einem spitzbübischen Lächeln steht, Fotos von Hochzeiten, Kommunionen oder Schützenfesten. Bilder von Torfstechern, der Teeernte und und und. Wo Namen der darauf Abgelichteten fehlen, darf man sie dazuschreiben. Für viele eine spannende Entdeckungsreise in die Vergangenheit: „Da ist meine Schwester! Das ist meine Cousine!“, hört man da ein ums andere Mal.

Wo war wer?
Unter dem Titel „Wo war wer?“ präsentiert Reiss in seinem Vortrag Bilder und Luftaufnahmen von Höfen und Anwesen. Emma Hierhager (92), von 1944 bis 1952 Lehrerin in Franzheim, schildert in einem Interview ihre Erinnerungen, so detailgetreu als wäre es gestern gewesen. Und Hans Reiss wird nun das Ortschild wie viele andere Schätze Franzheims, darunter eine bei Ebay entdeckt und inzwischen restaurierte Orgel, sicher verwahren: Die Kirche St. Rasso war übrigens das letzte Gebäude Franzheims, die noch bis 1985 stand. Dann war der Ort Geschichte.
