Den drei Hallbergmooser Bürgermeister-Kandidaten Benjamin Henn (Freie Wähler), Tanja Knieler (CSU) und Stefan Kronner (unabhängig) auf den Zahn zu fühlen: Diese Gelegenheit bot sich bei der Podiumsdiskussion von Freisinger Tagblatt, der Ortszeitung DER HALLBERGER und der Gemeinde Hallbergmoos am vergangenen Donnerstag. Über 500 Anwesende verschafften sich bei der von FT-Redaktionsleiter Manuel Eser moderierten Veranstaltung einen persönlichen Eindruck und stellten selbst kritische Fragen. Eine rundum gelungener informativer Abend, den auch Landrat Helmut Petz, Altbürgermeister Klaus Stallmeister und der amtierende Rathauschef Josef Niedermair, der aus gesundheitlichen Gründen zum Jahresende aufhört, aufmerksam verfolgten. Die Wahl findet am 20. Oktober statt.
Bahnhof, Badeweiher, Bauen und einbrechende Gewerbesteuern: In der Hallberghalle, wo sonst die Siegfried-Ringer ihre Kämpfe austragen, kämpfte das Kandidaten-Trio um die Wählergunst. Fair, eloquent und mit durchaus unterschiedlichen Haltungen zu einzelnen Sachthemen.
Badeweiher
Dies wurde gleich bei der Frage nach dem Badweiher, die sich ja schon seit Jahrzehnten stellt, deutlich: „Ein Schlag ins Wasser – oder ziehen sie ihn ins Trockene?“ wandte sich Moderator Manuel Eser an
die Kandidaten. Ohne Wenn und Aber sagt Kronner „Ja“ zu „Badehose, Badeanzug und Bikini“. Das Projekt, schon vor Jahrzehnten von ihm mitangestoßen habe, will er unbedingt bis 2026 im Sportpark
realisiert sehen. „Sollte es da nicht zügig weitergehen, wäre ich sogar bereit, ein Bürgerbegehren zu initiieren.“ Henn, selbst Rettungsschwimmer, ist ganz auf Kronners Linie: „Wir müssen da eigentlich
nicht diskutieren. Es gibt Beschlüsse, es wird angepackt und soll nächstes Jahr losgehen.“ Das „große Aber“ sieht Knieler allerdings in den vielen und kostspieligen Pflichtaufgaben der Kommune wie dem
Bau von zweiter Grundschule und Feuerwehrhäusern. Der Blick müsse sich, wie sie
betonte, immer auch auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune richten. „Wir müssen da genau überlegen, können wir das Projekt realisieren oder müssen wir anders agieren. Stichwort: Privat Public Partnership. Also gemeinsam mit einem Investor.“
Nachnutzung des Goldacher Feuerwehrhauses und Bürgerhaus
Im April 2026 bekommt die Feuerwehr Goldach eine neue Wache. Was soll mit der alten passieren? Alle Kandidaten wollen das Gebäude dann örtlichen Vereinen zur Verfügung stellen. Knieler sieht im Haus der Gemeinschaft, einen mutigen und gangbaren Weg. Ein Verkauf des „Tafelsilbers, ohne dass es der Gemeinde wirklich schlecht geht“, steht für Henn nicht zur Debatte. Kronner sieht die Vereinsnutzung nur als „Zwischenlösung“, langfristig plädiert er für ein Bürgerhaus am Rathausplatz. Gegen einen Neubau sprach sich indes Henn mit Blick auf die Finanzlage aus: Schon jetzt gebe die Kommune 10 Millionen Euro für den Unterhalt von Gebäuden aus. Er sieht die Zukunft der Vereine, von Musikschule oder vhs in den „alten“ Feuerwehrhäusern. Auch in Hallbergmoos soll bekanntlich eine neue Wache gebaut werden.
Barrierefreier Bahnhof
Ein leidiges Thema ist der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs, den die Kommune aktuell mit einer Planungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn und einem sechsstelligen Betrag forcieren will. Ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgericht ist das große Hemmnis. Es erachtete den Umweg für
Menschen mit Handicaps über eine 630 Meter lange Rampe als zumutbar. Henn brachte
hier einen neuen Ansatz ins Gespräch: Ruftaxis beispielsweise: „Für fünf bis 10 Millionen
Ausbaukosten können wir viele Fahrdienste einrichten.“ Bis die DB, so Kronner, über die drei vorgelegten Varianten entscheidet, werden noch einmal drei Monate vergehen. „Falls bis 2025 nichts passiert, müssen wir eine Interessengemeinschaft initiieren.“ Knieler setzt ihre Erwartungen in Gespräche mit dem Bauministerium, Staatskanzlei-Minister Florian Herrmann und eine Busverbindung zum Airport.
Finanzen
Auch in Hallbergmoos, bislang der Krösus im Landkreis, sprudeln die Gewerbesteuer nicht mehr so üppig, es stehen Millionenprojekte wie Grundschulbau auf dem Plan. Der Kämmerer erwartet statt 21 nur noch 16,2 Millionen Euro. Wie kann man die Trendwende schaffen, wo den Rotstift ansetzen? Der Munich Airport Business Park und aktive Aquise durch die Wirtschaftsförderung ist aus Sicht aller Kandidaten der Schlüssel. Henn setzt auf den Ausbau des Biotech-Clusters, Kronner sieht Licht am
Ende des Tunnels durch das Wiederstarken von Airport und Lufthansa. Die Welle sei ein
Leuchtturmprojekt, das Attraktivität steigert. Statt Rotstift lieber Priorisieren, auch mal „Bronzelösungen statt Goldstandards“, „Geldsparen, ohne dass es Wehtut“. Eine weitere Idee: „Fünf kommunale Mitarbeiter in Gemeinderatssitzung brauchts nicht, es reichen auch mal drei.“ Und wo würde eine schwäbische Hausfrau sparen? Ein gutes Stichwort für Henn, auch wenn er darauf
hinweisen musste, dass er auch „Baden“ und nicht aus „Württemberg“ stammt“: Bestandsgebäude nutzen statt Neubauten. „Hallbergmoos ist immer besser durch die Talsohle gegangen als andere Kommunen. „Geht es Hallbergmoos gut, geht es Freising gut, geht es Bayern gut“, griff Knieler ein Zitat des amtierenden Bürgermeisters auf. Potenziale für mehr Effizienz, auch über KI zu nutzen, lautete ihr Ansatz.
Herzensprojekte
Schließlich wurden die Kandidaten nach ihren Herzensprojekten gefragt. „Ohne Gesundheit ist alles nichts“, so Knieler zu ihrem Anliegen, einer guten pflegerische und medizinischen Versorgung im Ort zu haben, allen voran, wieder einen Kinderarzt in den Ort zu holen. Für die will sie gerne ihre beruflichen und politische Kontakte nutzen. Henn sieht darin eine Pflichtaufgabe
der Kommune, hakte bei der Zeitschiene nach. Schwierig sei die Situation auch bei Fach- und Allgemeinärzten, so Kronner. Das Problem könne letztlich auch nur über den Bau von bezahlbaren Wohnraum gelöst werden.
Henns Herzensprojekt ist die Umgestaltung des Rathausplatzes: „Bäume, Bänke, Brunnen“ lautet sein Motto. „Das müsste doch möglich sein in Verbindung mit der Schaffung eines Spielplatzes für Kinder ab sieben Jahren.“ Und – so seine Vision – die Goldach über den Platz fließen zu lassen. Nach dem Badeweiher kommt Kronner an Nummer 2 steht die Bürgerbeteiligung. Das heißt für ihn, nicht nur alle sechs Jahre ein Kreuzchen zu machen. Sondern – beispielsweise über Themen-Bürgerfragerunden, Bürgerräte oder digitale Foren – Bürger einzubinden. Beispielsweise beim Feuerwehrhaus
Goldach könne man gemeinsam mit Bürger und Vereinen ein Konzept erarbeiten. „In diesem Stil möchte ich da weitermachen. Ich will durch mehr Bürgerbeteiligung Demokratie stärken und Spaltung verhindern.“
Schnelle Fragen, kurze Antworten
Grün oder rot – Ja oder nein. Spontanität war in der Schnellfrage-Runde gefragt. Soll es einen kostenloser Ortsbus geben? Einen ÖPNV-Bus zum Airport? Einen Jugendbeirat? Nehmen Sie sich den Amtsinhaber zum Vorbild? Und können Sie ein Fass mit zwei bis drei Schlägen anzapfen? Auf Esers Fragen waren schnelle Antworten gefragt.
„Bürgermeister sollen ein fundiertes Fachwissen besitzen für eine nachhaltige Politik. Manchmal ist es aber auch wichtig, spontan reagieren zu können- etwa dann, wenn Journalisten anrufen und zu unangenehmen Fragen nachbohren“, schickte Eser der Schnellfragerunde voraus. Wie es um die Spontanität der Kandidaten bestellt ist, sahen die Zuschauer in dieser Runde. Mit Grün signalisierten sie ihre Zustimmung, mit Rot ihre Ablehnung. „Mit der Ampel in Berlin hat das übrigens nichts zu tun“, scherzte der Moderator.
In den meisten Fällen hielten die Kandidaten ein grünes Schild in die Luft. Bei der Frage nach einer Sicherheitswacht sahen Kronner und Henn „Rot“? Knieler plädiert dafür, weil auch die Polizei Neufahrn dies empfiehlt und Frauen eine gewisse Sicherheit vermittelt. Kronner ist kategorisch dagegen: „Das ist Aufgabe der Polizei, die sollte man nicht auf Ehrenamtliche abwälzen. Ich will keine Leute, die Polizisten spielen“, sagte er unter dem Applaus des Publikums.
Die Podiumsdiskussion in voller Länge bei Youtube:
Die Harmonierunde
Weil Politik oft in die Richtung persönlicher Angriffe geht, bat der Moderator die Kandidaten um das Gegenteil – sprich: das in Worte zu fassen, was man am jeweils anderen besonders schätzt. Schließlich müsse man, so Eser weiter, heutzutage froh sein, dass es Menschen gibt, die sich politisch engagieren
und Ämter übernehmen.
„Frau Knieler, was finden Sie an Benjamin Henn stark?“ lautet die Frage an die Frau des Politiker-Trios: Knieler schätzt an Henn, wie sie sagte, „dass er ein sehr zuverlässiger Mitarbeiter der Gemeinde ist.“ Sei’s bei Veranstaltungen oder beim Tag der Vereine. „Man bekommt die Rückmeldung, die
man braucht. Ich kann mich an der Stelle nichts beschweren.“ Herr Kronner, wo ist Frau Knieler ein Vorbild für Sie? „In ihrem Einsatz für die Frauen in Hallbergmoos und Goldach finde ich bemerkenswert“, würdigte der unabhängige Kandidat die CSU-Spitzenpolitikerin. Henn schätzt Kronner als „waschechten Hallbergmooser“, den er als sehr sachlichen, bedachten Menschen charakterisierte und immer mit der SPD versucht habe, Themen voranzubringen.