Leidenschaftlich!

Hommage an Bach und Piazolla

Der Puls der Musik pochte leidenschaftlich beim erstKlassik-Konzert mit Tobias Stosiek und Jovica Ivanovic © Sabina Brosch

Mit Johann Sebastian Bach und Astor Piazzolla haben sich Tobias Stosiek (Cello) und Jovica Ivanovic (Knopfakkordeon) zwei Komponisten ausgesucht, die nicht unterschiedlicher sein können. Nicht nur, dass Bach (1685-1750) und Piazzolla (1921-1992) 240 Jahre und 12.000 Kilometer zwischen Leipzig und Buenos Aires trennen. Es trifft hier der deutsche Meister barocker Fugenkunst auf den argentinischen Tango-Revolutionär der Moderne. Mit Stosiek und Ivanovic standen dazu zwei Interpreten auf der Bühne, die sich in ihrem künstlerischen Ausdruck, ihrer Leidenschaft und Liebe zum Detail wundervoll ergänzten.

Ohrenschmaus besonderer Güte

„Es ist ein ungewöhnliches Duo“, so erstKlassik-Leiter Vladimir Genin, „das nicht so oft zu hören ist.“ Genin hatte nicht zu viel versprochen: Das Konzert „Leidenschaftliches“ begann nicht nur mit einem kulinarischen „Geburtstagsgeschenk“ zum 50. Konzert der Reihe, das vom erstKlassiK-Team unter Federführung von Marion Lamina in Form eines Violin-Schlüssels gebacken wurde. Es wurde auch ein „Ohrenschmaus“ besonderer Güte.

Der Abend verschmolz zu einer wundervoll leidenschaftlichen Hommage an beide Komponisten. Cello und Akkordeon schwelgten in klassischem, instrumentalem Feinschliff bis hin zu Tango-Stilistik feinster Güte. Die drei Bach-Sonaten spiegelten den Lebenszyklus wider, „von der Geburt, Sturm- und Drangzeit bis hin zum reifen Alter“, führte Stosiek ein.

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Die Gamben-Sonaten brachten nicht nur die virtuosen Möglichkeiten des meist als „nur“ Continuo-Instrument bekannten Gambe oder Cello hervor. Denn Stosiek setzte mit seinem warmen, eleganten und farbenreichen Ton und Spiel noch eines drauf. Die eigentlich beiden für Cembalo geschriebenen Stimmen übernahm Ivanovic am Knopfakkordeon – ein Spitzenmusiker, der sein Akkordeon lebt und für den Genin bereits eigene Werke komponierte.

Wucht und Präsenz

Nach den drei Sonaten traf das farbige und pulsierende Bandoneon-Spiel in Piazzollas „Café 1930“, „Le Grand Tango“, „Oblivion“ und Libertango“ auf die Zuhörer mit einer Wucht und Präsenz, die begeisterte Reaktion auslösten. Stilsicher führte Ivanovic mit seinem Knopf-Akkordeon mit weit ausladender Melodik und auch seiner Improvisation in die von Leidenschaft geladene Welt des Tangos, Schmerz und Begeisterung.

Er und Stosiek übernahmen im Wechsel die empathische Melodieführung und entwickelten die Piazzolla-typischen expressiven Dissonanzen, abrupten Taktwechsel und mitreißende Kadenzen, um sich dann bestens aufeinander abgestimmt und eingespielt wieder in der markanten Tango-Rhythmik zu treffen. Genin hätte es bei seiner Begrüßung nicht besser formulieren können: Bach, Piazzolla, Stosiek und Ivanovic gaben in knapp 90 Minuten einen „Einblick in den tiefen inneren Puls der Musik“.        Sabina Brosch

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