Ich brauch’ die Haare schön …

Interview mit Friseur-Meisterin Nadja Spangenberg über die Situation im Lockdown

Das Team der Schnittmeister um Nadja Spangenberg (2.v.l.) hofft auf ein baldiges Ende des Lockdowns.

Es ist zum Haare raufen: Seit Mitte Dezember sind alle Friseursalons wieder geschlossen. Der HALLBERGER fragte bei Nadja Spangenberg, der Inhaberin der „Schnittmeister“ in Hallbergmoos, nach, wie sie und ihre Mitarbeiterinnen den Lockdown bisher verkraftet haben.
Nadja Spangenberg: Wir konnten den ersten Lockdown ab März 2020 ganz gut verarbeiten und haben uns dann bei der Öffnung im Mai wieder kopfüber in unsere Arbeit gestürzt. Trotz kostspieliger und zeitaufwendiger Hygienemaßnahmen haben wir jeden Tag bis in die Nacht gearbeitet, um unsere Kunden wieder so aussehen zu lassen, wir sie es von uns gewohnt waren. Viele Stammkunden waren so glücklich – und letztendlich sind wir es dann ja auch.

Und dann kam der zweite Lockdown zwei Wochen vor Weihnachten? Was war dann?
Ja, diese erneute Schließung wegen Corona haben wir fast voraus geahnt. Und ich erinnere mich noch daran, dass wir alle vorgemerkten Kunden an dem Wochenende vor der Schließung angerufen und die Termine so gelegt haben, dass wir jeden Tag von früh morgens bis spät abends gewaschen, gefärbt, gesträhnt, geschnitten und geföhnt haben, damit alle wieder ‚die Haare schön‘ hatten – und letztlich auch dann gut frisiert das Weihnachtsfest feiern konnten. Das waren wir unseren Kunden schuldig und meine Angestellten ziehen da auch immer mit. Ich habe eine Super-Mädels-Truppe, auf die ich mich in solchen Situationen blind verlassen kann.

Und jetzt wünschen Sie sich, dass es am 15. Februar wieder los geht?
Wir hoffen es sehr. Es geht nicht nur darum, die Ausfälle aufzufangen und die laufenden Kosten wie Miete etc. zu deckeln – die staatliche Unterstützung ist ja bisher noch nicht angekommen. Es geht vor allem um unsere Kunden, die wir schmerzlich vermissen. Und umgekehrt ist dies genauso. Nicht nur, weil sie unter ihrer sprießenden Haarpracht und rauswachsenden Ansätzen leiden, sondern auch wegen der sozialen Kontakte.  Die Friseure sind mittlerweile mehr als nur ein Verschönerungsort – wir haben auch soziale Kompetenz. Wir sind quasi auch ein öffentlicher Marktplatz, an dem man sich mitteilen und austauschen kann.

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Da haben Sie einen prominenten Unterstützer gefunden. Kein Geringerer als Helmut Markwort – der ehemalige Focus-Herausgeber- sieht das genauso. Er sagte erst kürzlich: „Das Friseurhandwerk ist als therapeutischer Beruf einzuordnen. Stellen Sie sich nur mal eine Frau mit colorierten Haaren und weißem Ansatz vor, die, wenn keine Abhilfe naht, zu Depressionen neigen könnte!“ Sehen Sie das genauso und wie schaut es eigentlich mit der männlichen Kundschaft aus?
Denen geht dies genauso. Wir sind nicht nur von Frauen, sondern auch von Männern bereits mehrfach verzweifelt angefragt worden, ob wir nicht eine Ausnahme machen und kurz privat die Haare schneiden können. Wir haben dies natürlich abgelehnt. Wir machen in dieser Zeit keine privaten Termine. Das wäre ein Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz und wird ziemlich hoch bestraft. Wir warten jetzt diese hoffentlich nur kurze Zeit bis zur Öffnung ab und werden uns dann wieder voll einbringen und auch die Haarschneider für die Herrenfraktion wieder glühen lassen.

Wird sich irgendetwas ändern nach der neuerlichen Öffnung?
Nur, dass wir die ersten Wochen wieder auf Hochtouren und Open-End arbeiten, auch samstags. Erst wenn wir alle unsere Kunden zufriedengestellt haben, kehren wir wieder zu unseren normalen Öffnungszeiten zurück.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Dass wir diese Pandemie schnell und dauerhaft hinter uns bringen . Und für unseren Salon speziell, dass wir den Kunden vielleicht auch wieder einen Kaffee anbieten dürfen, um ihren Aufenthalt bei uns noch ein bisschen angenehmer und privater zu machen.

(Interview: Beate Bodenschatz)

 

Gesellschaft, Leute

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