Bürgerschießen, Volksfest, Stockschützenturnier, Fronleichnam, Watt- oder Schafkopfturnier, bei allen gemeindlichen Festen und Veranstaltungen ist der Krieger- und Soldatenverein Goldach mit dabei. Die 160 Mitglieder sind ein fester und nicht wegzudenkender Bestandteil der Gemeinde. In diesem Jahr feiert der Verein sein 100-jähriges Bestehen, die Festivitäten werden aber pandemiebedingt in das kommende Jahr auf den 1. bis 3. Juli 2022 verlegt.
Der Kriegerjahrtag, der alljährlich am Volkstrauertag begangen wird, ist „unser Tag“, sagt der Vorsitzende Rudi Lamprecht. Nach den Kriegen kamen überall Männer zusammen, um der Gefallenen zu gedenken und Erfahrungen auszutauschen. Aus diesen Zusammenkünften entstanden die Krieger- und Soldatenvereine. So auch in Goldach.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Volkstrauertag im Jahr 1952 von Theodor Heuss wieder eingeführt. Und der ursprüngliche Gedanke, dass es „nur“ um Kriegstote geht, erweitert um Opfer von NS-Regime, Rassismus, Vertreibung, Holocaust, NS-Widerstand oder aus religiösen Gründen. Unter den Klängen von „Ich hatt‘ einen Kameraden“ legt der Goldacher Krieger- und Soldatenverein an diesem Tag mit gesenkter Fahne stets einen Kranz am Kriegerdenkmal nieder.
„Wir mahnen damit wider das Vergessen der im Krieg gefallenen Soldaten, der Kinder, Frauen und Männer, die aufgrund Vertreibung, politischer Verfolgung oder Terror getötet wurden. Im Gedenken an sie, an die Gräueltaten, Ängste und Bedrohungen, die sie erleiden mussten, erinnern wir mit diesem Tag“, betont Vorstand Rudi Lamprecht.
Erinnerung an Goldachs verstorbene Söhne
Aus dem ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 kehrten 20 Soldaten leider nicht mehr in ihr Heimatdorf Goldach zurück. Am 18. Januar 1919 richtete man beim Gasthaus der Aktienbrauerei Freising, dem heutigen „Alten Wirt“, einen feierlichen Empfang für die glücklichen Heimkehrer aus. In Erinnerung an die Gefallenen der Kriege 1870/71 und 1914/18 wurde an der 1920 geweihten Goldacher Kirche eine Erinnerungstafel mit deren Namen angebracht.
Krieger- und Veteranenverein anno 1921
Ein Jahr später gründeten etwa zwanzig Kriegsveteranen den Krieger- und Veteranenverein, dem Georg Sedlmeier bis zur „Gleichschaltung“ 1935 vorstand. Am 21. Mai 1922 fand bereits die feierliche Fahnenweihe des jungen Vereines statt.
Es ist dann vom Verein nicht mehr viel bekannt, denn im „Dritten Reich“ wurden alle Kriegervereine auf der Kyffhäusertagung vom 7. Mai 1933 in Berlin im Kyffhäuser Bund zusammengeschlossen, der damit das Ende der bis dato selbständigen Landesverbände besiegelte. Erst durch das Kontrollratsgesetz vom Oktober 1945 wurden alle Naziorganisationen aufgelöst und für ungesetzlich erklärt, darunter fiel auch der NS-Reichskriegerbund. Erst sieben Jahre später im Jahr 1952 begann die Wiedergründung des Verbandes als Reservistenverband mit allen Landesverbänden.
Opfer des Zweiten Weltkriegs
Das erste zu beklagende Kriegsopfer des Zweiten Weltkriegs aus Goldach war Josef Deuter am 20. Juni 1940, insgesamt hatte die Gemeinde Hallbergmoos-Goldach 92 gefallene und 38 vermisste Soldaten zu beklagen, weitere acht Soldaten starben in Kriegsgefangenschaft. Im Andenken an sie wurden die Goldacher bereits 1950 aktiv, als „Heimkehrer-Verein Goldach“ beantragten sie am 28. Februar 1950 bei der Gemeinde Notzing die Eintragung des vier Wochen zuvor gegründeten Vereins. Vorstand Alois Hartl hatte Andreas Grichtmair als Stellvertreter an seiner Seite, Josef Wimmer führte die Kasse und Konrad Speckmeier war der Schriftführer.
Goldacher Kriegerdenkmal
In Hartls Amtsperiode fällt die Errichtung des Kriegerdenkmals 1952/53 auf dem Goldacher Friedhof. Als Vereinslokal wurde der Neuwirt erkoren, bis heute finden dort alle Versammlungen statt, so auch die Feier zum 70- und 80-jährigen Gründungsfest, zu dem sogar die „Alpini“ aus der Partnergemeinde Predazzo anreisten. Im Jahr 1994 wurde der Verein mit dem Namen „Krieger- und Soldatenverein Goldach“ in das Vereinsregister eingetragen. Der heutige erste Vorstand Rudolf Lamprecht wurde am 12. März 2005 in sein Amt gewählt.
Vorbereitung auf das Jubiläum
2006 schaffte man in Eigenleistung einen neuen Fahnenschrank an, die historische Vereinsfahne wurde 2020 zum Anlass des bevorstehenden 100-jährigen Jubiläums restauriert und eine neue Fahnenstange gekauft. Noch ist der Verein ein reiner „Männerverein“, die Neueintritte sind nicht mehr auf Gediente beschränkt, durch eine Satzungsänderung können auch fördernde Mitglieder aufgenommen werden. Auch Frauen sind willkommen, „es gibt ja schließlich auch Soldatinnen“, so Lamprecht.
Gesellschaftliches Engagement
Die Zahl der Mitglieder, konstant bei 160, gibt Lamprecht recht, dass die Erinnerung an die gefallenen Kameraden, aber auch die Pflege der Gräber, immer noch einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft haben. Dies sei auch wichtig für die vielen Angehörigen, deren Vater oder Sohn lange Jahre als verschollen galten und erst spät gefunden wurden. „Wenn diese wissen, dass die Soldaten in ein anständiges Grab umgebettet wurden, dann können sie auch richtig Abschied nehmen.“
Rund 20.000 Umbettungen aus 21 Staaten mit Schwerpunkt Russland sind es alleine im vergangenen Jahr gewesen. Der Krieger- und Soldatenverein ist mit der Kriegsgräbersammlung und -sorge auch für die Instandsetzung und Sanierung der bestehenden Kriegerfriedhöfe zuständig, in 46 Ländern werden 832 Stätten mit über 2,8 Millionen Kriegstoten betreut. „Im Krieg, da gibt es immer nur Verlierer. Trotzdem ist unsere Welt gekennzeichnet durch `zig Kriegsschauplätze. Hoffen wir, dass es in Deutschland so friedlich wie auch in den letzten 75 Jahren bleibt.“
Sabina Brosch