Auf den Hund gekommen

Seelentröster gegen Einsamkeit ?

Nicole Gruber, Leiterin des Tierheims in Mintraching und Hundetrainerin, gibt Tipps und Ratschläge für Tierhalter. © Beate Bodenschatz

Die Einsamkeit im Corona-Lockdown macht vielen Menschen zu schaffen. Man ist im Homeoffice, man kann keine Kontakte pflegen – da kommen Vierbeiner als neue Mitbewohner wieder eher in den Fokus. Viele überlegen dann, sich wieder einen Hund oder eine Katze zuzulegen und man geht ins Tierheim. Der Tierschutzverein Freising e.V. mit der Anlaufstelle Mintraching kann ein Lied davon singen – will sagen, dort sind seit Corona-Ausbruch viele Tiere vermittelt und abgeholt worden – nach Katzen sind Hunde am beliebtesten.

Das verwundert nicht, denn Haustiere machen glücklich: der Kontakt zum Tier sorgt dafür, dass Oxytocin produziert wird. Dieses sogenannte Kuschelhormon verringert Angst und Stress und verschafft ein Gefühl von Nähe und Geborgenheit. Dass ein Tier auch Fürsorge und Pflege braucht, das wissen die meisten. Aber dass Tiere auch eigene Charaktere, oder auch eine Vorgeschichte haben, damit setzen sich die wenigstens auseinander.

Kommt man dann mit dem Tier nicht klar, kann es passieren, dass es wieder abgegeben wird – vielleicht wieder in ein Tierheim im Landkreis Freising. Den Verantwortlichen bereitet dies gerade in der Zeit des Lockdowns große Sorgen. Dass es nicht soweit kommt, dafür gibt Nicole Gruber, die Tierheimleiterin in Mintraching und geschulte Hundetrainerin, hier Tipps und Ratschläge für neue Besitzer.

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Der Hallberger: Bevor Sie die Tiere abgeben, achten Sie hier darauf, dass Sie die neuen Besitzer unter die Lupe nehmen. Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?

Nicole Gruber: Wir haben strenge Vorgaben, bis ein Tier ein neues Herrchen oder Frauchen gefunden hat. Wir machen es uns nicht leicht und führen vorher ausführliche Gespräche mit den Bewerbern. Alle müssen uns eine Selbstauskunft geben. Somit können wir das Umfeld abstecken, in das der Hund oder die Katze und oder Katzedkommt. Gerade bei Hunden ist es wichtig, dass Mensch und Tier zusammenpassen. Es geht nicht nur darum, dass man eine Rasse gut und süß findet. Man muss auch auf die Bedürfnisse des Tieres eingehen. Ein Husky beispielweise braucht mehr Auslauf und Beschäftigung als ein gemütlicher Mops. Und einige unserer Hunde, die wir abgeben, sind vorbelastet, haben oft Schlimmes erlebt. Wir haben zuvor zwar mit ihnen gearbeitet und sie sozialisiert. Trotzdem sollte es dann auch mit dem neuen Besitzer passen.

Warum haben Sie die Vermutung, dass nach dem Lockdown einige der vermittelten Tiere wieder zurückkommen?

Nicole Gruber: In der Einsamkeit des Lockdowns wünschen sich viele einen tierischen Mitbewohner – die Eltern und auch die Kinder, die im Homeschooling sind, weil man Langeweile und keine sozialen Partner zum Austausch hat. Dann holt man sich eine Katze oder einen Hund zum Kuscheln, muss mehrfach am Tag Gassi gehen, muss das Tier füttern und pflegen. Alles Aufgaben, die zum Problem werden können, wenn man wieder ins Büro geht. Ein Tier ist nicht dazu da, eine Lücke zu füllen, es braucht dauerhafte Aufmerksamkeit und Fürsorge. Wenn man sich das klar gemacht hat und einige Regeln beachtet, kann man auftretende Probleme verhindern.

Welche Regeln meinen Sie, können Sie Tipps geben – Sie haben ja auch eine Hundeschule und trainieren dort Tiere?

Nicole Gruber: Ich biete Einzel- und Gruppentraining für Hunde mit ihren Besitzern an – aktuell auch telefonische Beratung. Ich bin spezialisiert auf verhaltensoriginelle Hunde. Und möchte zunächst das Hund-Mensch-Team sehen, um es einschätzen, analysieren zu können. Meistens ist es einfach eine schlechte Angewohnheit, die der Mensch dem Tier durchgehen lässt und die man mit Konsequenz umerziehen kann. Wenn sich dann der Erfolg einstellt, dann ist das für beide eine Erleichterung.

Kann man erwachsene Hunde auch noch umerziehen?

Nicole Gruber: Bei ausgewachsenen Tieren braucht man Geduld, aber das Ergebnis ist dann für alle super. Es ist für beide Teile ein Erlebnis, wenn man merkt, dass man sich auf sein Gegenüber verlassen kann! Unsere Heimtiere wissen zum Beispiel, dass sie zwischendurch allein sind. Und das müssen sie in ihrem neuen Zuhause dann auch können. Ein Hund darf nach dem Tierschutzgesetz maximal sechs Stunden allein gelassen werden, dann muss allerdings Abhilfe geschaffen werden.
Man kann zum Beispiel in der Nachbarschaft um Hilfe nachfragen. Außerdem gibt es Dog-Walker, die den Hund für eins, zwei Stunden abholen und Gassi gehen. Bei uns im Tierheim machen das Ehrenamtliche, aber man findet auch Privatpersonen, die man anfragen kann. In Hallbergmoos zum Beispiel bietet eine Hundeschule sogar eine Tagesbetreuung an.

Sind aktuell noch Tier-Vermittlungen notwendig, die Ihnen am Herzen liegen?

Nicole Gruber: Ja, zwei Tierheimbewohner liegen uns besonders am Herzen, die wir auch auf unsere Homepage gestellt haben: Kaya, eine Sybirian Husky Hündin mit sehr hohen Ansprüchen. Sie ist sehr hübsch und hat ein blaues und ein braunes Auge. Die ehemaligen Besitzer wollten sie, weil sie so schön ist. Aber da sie sehr viel Auslauf und Beschäftigung braucht, ist das schief gegangen. Der Hund war einfach unter- und die Besitzer überfordert. Kaya braucht jemand, der viel Sport treibt, wo sie mitlaufen kann und beschäftigt ist – nicht nur eine Stunde am Tag. Wenn dies gegeben ist, ist sie ein Sonnenschein und eine Bereicherung für Jedermann.
Oder der stattliche Rex, 6 Jahre alt, eine Mischung aus Labrador, Berner Sennenhund und Schäferhund. Rex ist ein ehemaliger Hofhund, hat aber aufgrund seiner ungestümen Art oftmals Leute verschreckt. Deshalb wurde er abgegeben. Ein hübsches Kraftpaket zum Knuddeln, wenn er in die richtigen Hände kommt.

Alle ihre Tiere, ob Hund oder Katze, sind tierärztlich gecheckt?

Nicole Gruber: Natürlich, alle sind geimpft, gechipt, die Katzen kastriert. Sollten dann zu Hause Probleme auftreten, sind wir immer dazu bereit, Abhilfe zu schaffen. Meistens sind es nur Kleinigkeiten, die wir aber aufgrund unserer langjährigen Erfahrung sogar telefonisch beheben können. Wir vermitteln auch Tierärzte, mit denen unser Haus zusammenarbeitet und bieten ja bei Hunden auch ein erweitertes Training an.

Dann wünschen wir viel Glück für Ihre weitere Arbeit, die Sie ja momentan mit zwei Teams und Ehrenamtlichen hier stemmen und für die Zukunft des Tierheims weiterhin große Unterstützung durch Sponsoren und privaten Spenden von Tierfreunden.

Gesellschaft, Leute

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